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Montag, 2. August 2010

An der Uni mit Dr. Zsolt Vitári


Dr. Zsolt Vitári stammt aus Pécs.
Er ist Assistent am Stiftungslehrstuhl zur deutschen Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa.

Heute zeigte er mir das Universitätsgelände an der Ifjúsát utja.
Die Universität Pécs besitzt keinen geschlossenen Campus - darüber seien die Pécser froh, sagte Zsolt Vitári. So verteile sich das Studentenleben über die ganze Stadt. Da Pécs sehr übersichtlich ist, sind die Strecken nicht weit.

Die Pécser Uni bezeichnet sich gern als die älteste und größte Universität des Landes.
Sie wurde 1367 gegründet.
Heute sind etwa 35 000 Studenten hier immatrikuliert.

Viele ausländische Studenten kommen vor allem zum Medizinstudium auf Deutsch oder Englisch nach Pécs.

Die Uni ist auch der größte Arbeitgeber in der Stadt. Dank ihr ist die Arbeitslosenquote in Pécs selbst niedrig. Sie liege bei etwa 6 %, schätzt Vitári Zsolt. In den umliegenden Dörfern gebe es z.T. 20-30 % Arbeitslosigkeit.

Der Stiftungslehrstuhl, an dem Zsolt Vitári arbeitet, erforscht die Geschichte der Deutschen im südöstlichen Mitteleuropa.
Beliebt für Diplomarbeiten sind vor allem Themen im Zusammenhang mit der gezielten Ansiedlung Deutscher vor etwa 300 Jahren sowie die Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg.

Es gibt keine genauen Zahlen, aber Schätzungen gehen davon aus, dass nach 1945 etwa 200 000 Deutsche in Ungarn ausgesiedelt wurden.
Etwas mehr als die Hälfte blieb im Land.
Bei Volkszählungen gaben sie ihr "Deutschtum" nach dem 2. Weltkrieg selten an. Deshalb sind die Zahlen vage.
Nächstes Jahr findet wieder eine statistische Erhebung statt.
Es werde interessant sein zu sehen, ob nun häufiger auch amtlich ein ethnisches Bekenntnis erfolge, meinte Zsolt Vitári. Das wäre dann ein Beleg für ein verändertes gesellschaftliches Bewußtsein.

In seinen Seminaren provoziere er gern mit der Frage, ob es denn nicht eine Schande sei, dass die ungarische Nationalhymne von einem Deutschen stamme?
Die Studenten seien dann sehr verblüfft.
Ihnen sei nicht bewußt, dass der Komponist Ferenc Erkel deutscher Abstammung sei.

Natürlich gehe es ihm nicht um nationale Abgrenzung.
Er persönlich wünsche sich, dass in Ungarn im Geschichtsunterricht nicht immer nur der Fokus auf Großereignissen wie Schlachten gegen "die Türken" oder mit den "Österreichern" liege.

Ein verstärkter Fokus auf Regionalgeschichte und Aufmerksamkeit für die Verdienste anderer Völker am Staat Ungarn sei wichtig.
So hätten zum Beispiel "die Slowaken" Budapest aufgebaut und deutsche Architekten viele Gebäude dort konstruiert.
In der ungarischen Lehre gebe es die Tendenz, dass alle Menschen, die sich als nützlich für das Land erwiesen hätten, "magyarisiert" wurden.

Mit anderen Worten: Wenn ein Ungarndeutscher oder auch ein Roma jemand den Schädel einschlage, sei er ein Angehöriger einer Minderheit.
Wenn er aber eine schöne Kirche baue, sei er natürlich ein Ungar.