Donnerstag, 15. Juli 2010

Glitschen, brüten, sprengen

Das historische Thermometer am Hauptplatz zeigt um 10 Uhr bereits 35 Grad im Schatten.

Es gibt Vermutungen, dass der Name Pécs sich von dem Wort für Ofen ableitet - ich kann das nachvollziehen.
Die Stadt glüht, sie brütet, sie schwitzt.
Selbst jetzt um 22 Uhr nachts, ist keine Abkühlung spürbar.
Nur die Mücken werden aktiv.

In Flip-Flops und in einem Aufzug, in dem ich in Berlin aus Gründen des sittlichen Anstands nicht das Haus verlassen würde, tapse ich in die dunkle, ruhige Nacht um meinen Block.

Das Handy mit der vorgewählten Notfallnummer in meiner Hand glitscht mir schon nach wenigen Schritten fast aus den Fingern.

Doch dann biege ich zur Abwechslung mal um die andere Ecke und stehe plötzlich vor einem Abenteuerspielplatz - für junge Erwachsene, die unter provisorisch zusammengezimmerten Hütten und Türmen hier zu Reggaemusik auf Sand tanzen. So friedlich, fröhlich, wohlgeordnet wie alles hier zu sein scheint. Ein Mädchen trägt Shorts und sonst nichts. Es sei denn man zählte die beiden Dreiecken auf ihrer Brust als Bekleidung. Sie tanzt trotzdem unbefangen. Niemand grabscht. Die Jungs lehnen an der Bar. Eine andere junge Frau sitzt auf dem Bürgersteig, fast völlig in der Dunkelheit. Sie tippt auf ihrem Laptop. Ich wittere ein Stadtschreiber-Partisanin. Eine Heckenschützin. Was sie wohl schreibt?

"Pécs, die beschauliche. Pécs, die gemächliche Stadt. Sie ist hübsch, unglaublich hübsch, gepflegt. Dieses Kompliment als Süßholz abzuweisen, wäre schlichter Unfug.
Der Blutdruck sinkt, die Füße zucken vorwärts, wollen im Stechschritt bleiben, haben sich noch nicht ans Schlendern gewöhnt."

Ich muss. Ich muss. Das gilt hier nicht. Ich will, ich darf, ich werde über das WM-Finale berichten. Doch das scheint schon kalter Kaffee - der aber ist in dieser Hitze sehr erwünscht. Das Eis rettet meine Adern vor der Explosion. Die Kinder spielen auf den künstlichen Geysiren. Ich träume nicht von Piroschka.

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