Freitag, 1. Oktober 2010

Mal mir den Krieg


Die engen Grenzen der Innenstadt will das Kunstprojekt In Between sprengen.
"Es ist schade, dass die Touristen und auch andere nie aus dem Zentrum heraus kommen", erklärte der Kurator und Robert-Bosch-Kulturmanager Christian Gracza.
Deshalb entstanden die Kunstwerke speziell für sechs in der ganzen Stadt verteilte Orte.
Vom Busbahnhof über die Hochhausruine bis zur Gartenstadt.

Für die Teilnehmer des Literaturfestival "Review within Review" gab der Kurator eine kurze Einführung in die Werke der in Uranvaros ausgestellten Künstler.

Den gegenständlichen Maler Gabor Pinter aus Budapest wählte Gracza bewußt als Gegenposition zu der in Pécs vorherrschenden abstrakten Malerei.

Auch Konstantin Déry lud Gracza gemeinsam mit seinem Kollegen Allan Siegel in erster Linie aufgrund seiner künstlerischen Qualität zur Beteiligung ein. Interessant findet er aber auch die biografischen Grenzgänge des Ungarn, der seine Studien in Leipzig abschloss.

Mit Johannes Tiepelmann, der sich selbst als "Vertreter der letzten Generation der neuen Leipziger Schule" beschreibt, schließe sich hier der Kreis.
Mit der "Leipziger Schule" sei es mit der neuen Direktion nämlich nun vorbei - seit letztem Jahr gebe es dort keine klassische Malereiausbildung mehr, sondern nur noch abstrakte Malerei.

Der Videokünstler Héctor Solari aus Montevideo hat eine ganz direkte Verbindung mit Pécs, denn er habe den dieses Jahr zum ersten Mal vergebenen Victor-Vasarely-Preis geschaffen.
In seinen Filmen beschäftigt er sich seit mehr als zehn Jahren mit der Aufarbeitung von Kriegserlebnissen, zunächst mit den eigenen, in der ausgestellten Arbeit mit denen der Betroffenen in Afghanistan.

Die Ungarin Anna Fabricius hält Grazca für eine der derzeit besten Dokumentarfotografinnen. Auch im Video hielt sie junge Büroangestellte bei untypischen Beschäftigungen mit verschiedenen Lebensmitteln fest.
Der Kontrast zwischen Schreibtischtätern und etwa dem Schälen von Maiskolben auf Teppichboden wurde durch eingeblendete Gesprächsfetzen noch unterstrichen.

Dora Palatinus stammt aus Pécs. Ihre Miniatur-Apokalypsen habe ich bereits im ersten in between-Eintrag beschrieben.

Die französisch-algerische Künstlerin Katia Kameli zeige in ihrer kontemplativen Videoarbeit "wie Pécs in 2011 sein wird": Nur die Kamera und der Wind streichen über die Dächer der Stadt.

Leider stehe der Ausstellungsraum nur bis zum Ende der Ausstellung am 7. Oktober zur Verfügung.
Danach werden nach Grazcas Schilderung großformatige Malerei oder andere raumgreifende Objekte wieder keinen Präsentationsort in Pécs haben.

Kurator Christian Gracza (links)

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