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Mittwoch, 18. August 2010

Neugierige Insulaner - Ungarn und die Poesie

Meine eigene Standortbestimmung in Ungarn ist und wird hoffentlich noch lange nicht abgeschlossen sein. Dieses Blog dient unter anderem als virtueller Notizblock bei meiner Suche.


Die Poesie gehört zu Ungarn wie Paprika, Palinka und Pörkölt … !

Das hat alles etwas mit der "Insel Ungarn" zu tun. Nahezu trotzig hockt es inmitten Europas, ist mit keinem, nimmt man mal die etwas mehr als zeitweilige Zwangsvermählung mit Österreich aus, richtig verwandt. Man wird nur von wenigen verstanden. Diese Isolierung hatte oft tragische Folgen, aber bot den Ungarn auch Chancen. Sie mussten sich Europa hineinholen. Ungarns Dichter hatten dabei natürlich den größten Anteil. Ich vermute, dass kein Land mehr fremde Literatur in die eigene Landessprache übersetzt hat - und es immer tun wird - als Ungarn.

"Ich glaube, die Ungarn haben ein viel, viel sensibleres und ein viel stolzeres Verhältnis zu ihrer Sprache und dann auch zu den Spitzenproduktionen dieser Sprache, zur Literatur als es die Deutschen haben. Das Wahrnehmen ihrer eigenen Literatur ist, glaube ich, hier viel, viel intensiver. Die Klassiker haben hier stärkere Präsenz und die Lyrik hat eine ganz, ganz wichtige Bedeutung, sie spielt häufig in der Entwicklung der Seele, der Herzen eine viel größere Rolle. Da ist das ein fester Baustein, ein Fundamentstein der eigenen Identität. Das sind dann in Deutschland schon mehr der Grenzgänger.

Diese zehn oder fünfzehn Millionen Ungarn auf der Welt sind im Grunde auch gezwungen das ernst zu nehmen, weil das eigentlich die Speerspitze ihrer Identität ist. Und dadurch gib es ein erstaunlich waches literarisches Bewusstsein trotz aller Tendenz, die es natürlich auch in Budapest gibt, dass man nur noch im Internet herum liest und ernsthaft eigentlich keine Bücher mehr liest. Trotzdem hat es die Literatur in Ungarn noch erstaunlich gut - auch unter den jungen Leuten gut."
Quelle: Deutschlandradio

Die zitierte Passage ist dem Manuskript zur oben verlinkten Radiosendung von Holmar Attila Mück entnommen.
Das Statement stammt von Wilhelm Droste, dem Chef des Kaffeehauses Eckermann in der Raday utca im Erdgeschoss des Budapester Goethe-Instituts. Parallel lehrt er Germanistik an der Budapester Universität.